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16/2020: Weihnachtsgruß von Peter Aicher, Vorsitzender Holzbau Deutschland und Präsident Timber Construction Europe

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

2020 war für uns alle ein Jahr mit neuen Herausforderungen und zusätzlichen Belastungen. Eine Pandemie, wie sie das Corona-Virus ausgelöst hat, haben wir alle noch nicht erlebt. Und - sie prägt auch weiterhin unseren Alltag, beruflich wie privat. 

Trotz alledem gab es im Rückblick auch viele Lichtblicke, die mir Mut machen und mich positiv stimmen. Der Holzbau wird weiter an Bedeutung gewinnen und das ist gut für uns, aber vor allem ist es gut für die Zukunft unseres Planeten. Und dass sich der Holzbau immer mehr etabliert, ist unser aller Verdienst, die wir uns unermüdlich für die Weiterentwicklung unseres Handwerks einsetzen.

Ich wünsche Ihnen, auch im Namen meiner Vorstandskollegen, ein gesundes und frohes Weihnachtsfest. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen für ihre aktive Mitarbeit. Vor allem auch bei all jenen, die sich neben ihrer regulären Tätigkeit zugleich ehrenamtlich engagieren, um den Holzbau voranzubringen. Unser Erfolg bestätigt es: gemeinsam können wir viel bewegen, um die weitere Entwicklung des Holzbaus zu gestalten.

Herausforderungen gemeinsam meistern

Neben den unzähligen in den Landesverbänden von Holzbau Deutschland aktiven Zimmerer- und Holzbauunternehmen und den Branchenverbänden im Rahmen des "Wachstumsmarkt Holz|Bau plus" engagieren sich auch Partner aus der Herstellerindustrie wie die "Förderpartner Deutscher Holzbau" und die "Holzbau Deutschland Leistungspartner" für den Holzbau. Dieses Partnerschaftsnetzwerk wächst weiter und ich möchte an dieser Stelle die neuen Partner sehr herzlich begrüßen. Bei den Förderpartnern Deutscher Holzbau sind dies die Firmen Gutex und Deutsche Rockwool und bei den Holzbau Deutschland Leistungspartnern sind dies die Firmen Creaton und Raimund Beck, die in diesem Jahr neu hinzugekommen sind. Es freut mich, dass wir hier über die gesamte Wertschöpfungskette unsere Kompetenzen gebündelt bekommen. Denn diese Kooperationsstrukturen bilden die ideale Konstellation, um den Herausforderungen der Holzbaubranche in den nächsten Jahren zu begegnen.

Neben Forschung und Entwicklung unterstützen und initiieren die Holzbau Deutschland Leistungspartner außerdem Projekte, die eine größere Marktdurchdringung des Holzbaus erzielen sollen. Dazu zählen die Förderung des Deutschen Holzbaupreises und des Hochschulpreises Holzbau ebenso wie die Zimmermeister-Suche und das Informations-Portal "Holz kann!". Auch die Zimmerer-Nationalmannschaft wird von den Holzbau Deutschland Leistungspartner unterstützt. Das Team musste in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie einige Rückschläge verkraften: Die für September 2020 geplante Zimmerer-Europameisterschaft in Klagenfurt wurde abgesagt und die WorldSkills in Schanghai auf Herbst 2022 verschoben.

Wenngleich die ersten Corona-Impfstoffe kurz vor der Zulassung stehen und bundesweit Vorbereitungen für das Impfprogramm getroffen werden, bleibt die Zukunft ungewiss. Niemand kann derzeit eine seriöse Einschätzung zur weiteren konjunkturellen Entwicklung geben. Wenn wir uns jedoch die Rahmenbedingungen und Entwicklung in diesem Jahr vor Augen führen, so sind wir verhalten optimistisch, dass wir auch im kommenden Jahr gut über die Runden kommen werden. Dafür sprechen einige Rahmenbedingungen, die für weiteren Auftrieb im Holzbau sorgen werden.

Ein wechselhaftes, aber gutes Jahr 2020

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen kurzen Rückblick auf das nun zu Ende gehende Jahr. Dank hoher Auftragsbestände zu Jahresbeginn ist die Bauwirtschaft glimpflich durch das Jahr 2020 gekommen. Unsere Zimmerer- und Holzbauunternehmen, die in diesem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr im Wesentlichen den Überhang aus 2019 abarbeiten konnten, haben das Jahr gut gemeistert. Seit dem Lockdown im Frühjahr haben Sie in ihren Betrieben und auf den Baustellen weitreichende Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus umgesetzt. Die dadurch entstandenen Mehrkosten sind allerdings in die Kostenstruktur vieler Projekte nicht eingepreist. Wie sich die Mehraufwendungen und Einschränkungen auf das Betriebsergebnis auswirken, bleibt abzuwarten.

Mehr Holzbau im Jahr 2020

Die Baugenehmigungen insbesondere im Wohnungsbau sind in den vergangenen Monaten gestiegen. Erstmalig könnte 2020 die bundesweite Holzbauquote im Bereich der Ein- und Mehrfamilienhäuser die 20-Prozent-Marke übersteigen. Nominal wurden in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 bereits 10 Prozent mehr Holzhäuser errichtet. Treibende Kraft ist auch die energetische Sanierung, die weiter an Fahrt aufgenommen hat. Etwas nachgelassen hat in diesem Jahr der öffentliche Bau sowie der Wirtschaftsbau.

Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Ressourcenschutz, Kreislaufwirtschaft und die anhaltende Nachfrage nach Wohnraum sind trotz der Corona-Pandemie gesamtgesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Längst hat die Politik die Bedeutung eines nachhaltigen Handelns als Grundlage zur Entwicklung zukunftsfähiger Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme erkannt. In ihrer Sitzung im September 2020 in Weimar betonte die Bauministerkonferenz die Wichtigkeit nachhaltiger ökologischer Baustoffe für das Bauen. Sie stellte in Aussicht, den aktuellen Stand der Technik im Holzbau in der Muster-Holzbaurichtlinie zu berücksichtigen, sobald wichtige Erkenntnisse aus Forschungsvorhaben vorliegen.

Tegernseer Gebräuche für das Zimmerer- und Holzbaugewerbe

Einig waren sich die Mitglieder der Holzbau Deutschland Fachversammlung, dass sich der Einsatz von Holz- und Holzwerkstoffen im Bauwesen entscheidend weiterentwickelt hat und daher die Tegernseer Gebräuche nicht mehr der heutigen Praxis im Zimmerer- und Holzbaugewerbe entsprechen. Sie haben sich daher dafür ausgesprochen, dass die „Gebräuche für den Handel mit Holz- und Holzprodukten in Deutschland (‘Tegernseer Gebräuche‘)“ für das Zimmerer- und Holzbaugewerbe nicht mehr als Handelsbrauch im Sinne des § 346 HGB anerkannt werden.

Europa strebt nach Klimaneutralität

Die Europäische Union (EU) setzt mit dem „Green Deal“ Zeichen und will bis 2050 klimaneutral werden. Im Oktober dieses Jahres hat sie die Klimaziele nochmals nachgeschärft: So soll bis 2030 der Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 60 Prozent sinken. Bereits 2011 hatte sie sich in ihrer „Europa-2020-Strategie“ zu einem schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen verpflichtet. Sie rechnet vor, dass in der EU 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen auf Gebäude entfallen. Im Rahmen des europäischen Green Deals plant die EU daher eine Renovierungsstrategie, die Gebäude EU-weit energieeffizienter machen soll. Die Auseinandersetzung mit dem städtebaulichen Bestand wird damit zu einer zentralen nachhaltigen Entwicklungsstrategie für Kommunen und Städte. Dabei steht nicht nur die energetische Ertüchtigung der Gebäude im Vordergrund, sondern auch deren Revitalisierung, Erweiterung beziehungsweise Umnutzung. Das Potenzial ist riesig und der Holzbau wird einen noch bedeutenderen Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung leisten können.

Partnerschaftliches Engagement prägt die Branche

Für unseren Holzbau sind die aktuellen Rahmenbedingungen sehr erfreulich. Sie sind allerdings auch dem Umstand zu verdanken, dass die über Holzbau Deutschland organisierten Zimmerer- und Holzbauunternehmen über viele Jahre mit enormem Engagement und finanziellem Aufwand die Weiterentwicklung des Holzbaus kontinuierlich vorangetrieben haben. Und so liegt heute unsere Wertschöpfung nicht mehr nur in der Holzbaukonstruktion, sondern in der Vielfalt der Gebäudehülle, der Gebäudeelemente bis hin zum schlüsselfertigen Haus. Wir sind Komplettanbieter und sind so für unsere Bauherren attraktiv, weil sie sich Leistungen aus einer Hand wünschen, die optimal aufeinander abgestimmt sind.

Wir haben umfangreiche Forschungsprojekte initiiert und gefördert, die die Gleichwertigkeit der Holzbauweise gegenüber anderen Bauarten wissenschaftlich belegen. Sie haben dazu geführt, dass zahlreiche baulich anspruchsvolle Gebäude in Deutschland den Nachweis erbringen, dass die Holzbauweise bis hin zu den höheren Gebäudeklassen für die unterschiedlichsten Bauaufgaben geeignet ist. Leider bildet die kürzlich veröffentlichte neue Muster-Holzbau-Richtlinie nicht den aktuellen Stand der Technik für alle Holzbauweisen ab. Daher setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass die Musterholzbaurichtlinie weiterentwickelt wird, sodass bauordnungsrechtlich der Holzbau in allen Bauweisen für die Gebäudeklassen 4 und 5 möglich wird.

Holzbau-Forschung und Wissenstransfer

Einer unserer zentralen Arbeitsschwerpunkte sind weiterhin die Forschung und Entwicklung, die entscheidend sind für die Wettbewerbsfähigkeit des Holzbaus. Über die Koordinierungsstelle „Wachstumsmarkt Holz|Bau plus“ werden Forschungsmittel und Forschungskapazitäten im Holzbau koordiniert und effizient eingesetzt. Damit ist sichergestellt, dass über eine breit aufgestellte Forschungsinfrastruktur entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Forst- und Holzwirtschaft die zukunftsrelevanten Potenziale des Baustoffs Holz noch besser identifiziert, genutzt und durchgesetzt werden.

Unser Holzbau Deutschland Institut bringt die fachliche Kompetenz und Erfahrung mit, die für die Umsetzung der Forschungsprojekte benötigt wird. Es führt die Forschungsvorhaben zusammen und stimmt sie aufeinander ab. Grundsätzlich gilt für unsere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, dass die Ergebnisse der Projekte produktneutral und übertragbar sind, dass sie einen direkten positiven und spürbaren Effekt für unsere Holzbauunternehmen haben und der weiteren Marktdurchdringung des Holzbaus dienen. In diesem Jahr lagen die Schwerpunkte des Holzbau Deutschland Institutes im Schallschutz, beim Eurocode 5 und in Vorbereitung wichtiger Querschnittsthemen wie Ökobilanzierung und Kreislaufwirtschaft im Rahmen der Initiative „Wachstumsmarkt Holz|Bau plus“.

Fachkräfte finden und langfristig binden

Neben Forschung und Entwicklung sind unsere Zimmerer- und Holzbauunternehmen auch auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen. Das Zimmererhandwerk steht mit einer Ausbildungsquote von 11,1, Prozent im Vergleich zu anderen Baugewerken noch immer gut da. Es ist das einzige Bauhandwerk mit steigenden Ausbildungszahlen. Aktuell zählt der Holzbau bundesweit 9.347 Auszubildende. Auch die Bereitschaft der Zimmereibetriebe weiterhin auszubilden, ist laut unserer Konjunkturumfrage mit 76 Prozent weiterhin erfreulich gut. Einmal an Bord gilt es, die Fachkräfte langfristig zu binden. Mit unserer verbandseigenen "Offensiven Aufstiegsqualifikation" werden Auszubildenden im Zimmererhandwerk die guten Chancen aufgezeigt, ihren Karriereweg aktiv zu gestalten.

Vor einer enormen Herausforderung stehen unsere Ausbildungszentren. Corona-bedingt fielen vor allem während des Lockdowns im Frühjahr Schulungen aus. Viele reagierten schnell, indem sie Auszubildenden digitale Angebote zur Verfügung stellten. Inzwischen findet unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln wieder Präsenzunterricht statt. Allerdings wurden die Unterrichtsgruppen verkleinert – bei gleichbleibender Zahl an Auszubildenden. Dadurch wurden die Ausbilder, aber auch die vorhandenen Hallenkapazitäten punktuell stark belastet und - eine Entspannung ist nicht in Sicht.

Ein zentrales Branchenthema – auch in der Aus- und Weiterbildung – ist die Arbeitssicherheit. Über die Präventionskampagne „Absichern statt Abstürzen“ und den „Partnercheck“ werden Holzbauunternehmer und deren Mitarbeiter informiert, wie sie gemeinsam für mehr Sicherheit sorgen können. Darüber hinaus arbeitet Holzbau Deutschland eng mit der Berufsgenossenschaft BAU (BG BAU) zusammen. Beim Runden Tisch „Sichere Bauprozesse im Zimmererhandwerk“ werden laufend Arbeitsmittel und Arbeitsprozesse analysiert und Lösungen erarbeitet, die das Arbeiten auf den Baustellen sicherer machen.

Holzbau in Europa

Über unseren europäischen Dachverband Timber Construction Europe (TCE) engagieren wir uns, um die europäischen Normen im Sinne des europäischen Holzbaus mitzugestalten. Auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips setzt sich der Verband in der technischen Interessenvertretung in holzbaurelevanten europäischen Normungsgremien zum Eurocode, zum Schallschutz oder zur Innenraumluft ein. Gerade auch in Bezug auf die zu überarbeitende Bauproduktenverordnung hat sich TCE mit seiner Partnerorganisation „Small Business Standard“ (SBS) an einer ausführlichen Position beteiligt. Die Normung spielt für die europäische Bauwirtschaft eine entscheidende Rolle. Denn sie ermöglicht den freien Verkehr von Bauprodukten in der EU und rationalisiert die Bautätigkeit.

Einen guten Start in ein gesundes und frohes neues Jahr!

Der Holzbau entwickelt sich weiter und er wächst – trotz Corona. Darauf dürfen wir mit Recht stolz sein, denn jeder hat hier seinen Teil beigetragen. Und das sind gute Voraussetzungen für den Start in das neue Jahr. 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien alles Gute, vor allem Gesundheit und ein glückliches, erfolgreiches und friedvolles Jahr 2021.

Herzlichst

Ihr Peter Aicher

Vorsitzender Holzbau Deutschland und
Präsident Timber Construction Europe

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