Warum Holzbau Klimaschutz ist

"Unsere Wälder sich selbst zu überlassen wäre aus Sicht des Klimaschutzes kontraproduktiv."

Verblüffende Zahlen über die Klimaschutzeffekte der Forst- und Holzwirtschaft errechnete für eine Studie der Wissenschaftler Hubert Röder.

Herr Prof. Röder, wie hoch ist das Klimaschutzpotenzial des Bauens mit Holz?

Es ist sehr viel höher, als man im Allgemeinen denkt. Den 75 Mio. Tonnen CO2, die in Bayern aktuell pro Jahr zur Erzeugung von Energie freigesetzt werden, stehen 13 Mio. Tonnen CO2 gegenüber, die durch die stoffliche Nutzung von Holz gespeichert werden. Hinzu kommen weitere 10 Mio. Tonnen CO2, die die Wälder bei ihrem Wachsen zusätzlich binden, sowie 22 Mio. Tonnen CO2 durch die Substitution fossiler und energieintensiver Rohstoffe. So wird heute schon über die Hälfte der energiebedingten CO2-Emissionen in Bayern vermieden oder kompensiert. Und das lässt sich noch deutlich steigern, denn der Anteil der Holzbauten am gesamten Baugeschehen – die sogenannte „Holzbauquote“ – liegt derzeit in Bayern erst bei 20 Prozent. Wenn wir sie kontinuierlich erhöhen und gleichzeitig die energiebedingten CO2-Emissionen konsequent senken, dann könnte Bayern schon in absehbarer Zeit klimaneutral sein. Das Bauen mit Holz sorgt dabei nicht nur dafür, dass große Mengen CO2 langfristig gebunden bleiben, sondern senkt auch die energiebedingten CO2-Emissionen, denn Holz wird im Gegensatz zu Baumaterialien wie Ziegel, Zement und Stahl nicht mit hohem Energieaufwand und hohen CO2-Emissionen künstlich hergestellt, sondern wächst auf natürliche Art und Weise. Die Energie, die es dabei braucht, kommt zu 100 Prozent von der Sonne.

Ist für den Klimaschutz die stoffliche oder die energetische Nutzung von Holz besser?

Die energetische Nutzung von Holz setzt nur die CO2-Menge frei, die der Baum vorher im Lauf seines Lebens gebunden hatte und die ein gerade wachsender Baum wieder bindet. In der Summe ist dies eine nahezu ausgeglichene Bilanz. Das Ansteigen des CO2-Gehalts unserer Atmosphäre sollte allerdings sofort gestoppt werden, um den Klimawandel aufzuhalten. Und noch besser wäre, das in der Atmosphäre vorhandene CO2 zu reduzieren, was ja durchaus möglich ist. Bei jedem geernteten Baum stellt sich deshalb die Frage, ob das in ihm gespeicherte CO2 schon nach ein bis zwei Jahren frei werden soll, wie das bei der energetischen Holznutzung der Fall ist, oder erst nach Jahrzehnten bis Jahrhunderten, wie das bei der stofflichen Holznutzung der Fall ist. Allerdings lässt sich nicht der gesamte Baum stofflich nutzen. Was übrig bleibt, das können wir energetisch nutzen, denn beim Verbrennen wird ja nur die Menge CO2 frei, die auch bei seinem Verrotten frei würde. Wir ersetzen dadurch aber fossile Energieträger und verbessern so die CO2-Bilanz.

Was ist für den Klimaschutz besser: unsere Wälder konsequent zu bewirtschaften oder sie sich selbst zu überlassen?

Unsere Wälder sich selbst zu überlassen wäre aus Sicht des Klimaschutzes kontraproduktiv. Denn bald hätten sie ein CO2-Speicher-Optimum erreicht und dann würde sich in ihnen ein Gleichgewicht einstellen: Die CO2-Menge, die wachsende Bäume neu binden, wäre genauso groß wie die CO2-Menge, die tote Bäume beim Verrotten freisetzen – ein Nullsummenspiel. Aus Sicht des Klimaschutzes ist es deutlich besser, dem Wald nachhaltig Bäume zu entnehmen und deren Holz stofflich zu nutzen. Denn durch das Ernten von Bäumen können die verbleibenden Bäume besser nachwachsen und größere Mengen CO2 neu binden. Und durch die stoffliche Nutzung bleibt das im Holz gebundene CO2 für weitere Jahrzehnte bis Jahrhunderte gebunden – und wird eben nicht gleich wieder freigesetzt, wie das bei seinem Verrotten oder Verbrennen der Fall wäre. Die Klimaschutzleistung von bewirtschafteten Wäldern war deshalb schon in den letzten Jahren um ein Vielfaches höher als die von nicht bewirtschafteten Wäldern.

Wie hoch lässt sich die Holzbauquote steigern?

Wir könnten in Bayern derzeit ca. 6,5 Mio. m3 Nadelholz mehr ernten, als wir es momentan tun – und hätten immer noch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, es würde genauso viel Holz nachwachsen, wie entnommen wird. Diese zusätzliche Holzmenge würde ausreichen, sämtliche bayerischen Neubauten – alle Wohn-, Gewerbe- und sonstigen Gebäude – in Holzbauweise zu errichten. Deshalb sollte das Bauen mit Holz zum Standard werden und dürften die vorhin genannten konventionellen Baustoffe nur noch in begründeten Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Wir brauchen eine richtige Holzbaukultur.

 

CO2-Vermeidungskosten

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Portrait Prof. Dr. Hubert Röder

Prof. Dr. Hubert Röder leitet seit 2013 das Fachgebiet „Betriebswirtschaftslehre Nachwachsender Rohstoffe“ der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf am Wissenschaftszentrum Straubing. Er hat Forstwissenschaft studiert, promoviert und war anschließend europaweit in verschiedenen Führungspositionen der Forst- und Holzwirtschaft und als Unternehmensberater für die Bereiche Bioenergie und Biomaterialien tätig. 2014 veröffentlichte er eine Forschungsstudie zu den Klimaschutzeffekten der Forst- und Holzwirtschaft in Bayern.

www.wz-straubing.de